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Informationsbrief "Gesundheit und Steuern"

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2. Quartal 2025


Steuern und Recht

Selbstständig tätig oder abhängig beschäftigt?Öffnen / Schließen

Ob jemand als selbstständig oder abhängig beschäftigt gilt und damit sozialversicherungspflichtig ist, ist oft Gegenstand gerichtlicher Verfahren. Ein aktuelles Beispiel betrifft eine Ärztin, die für eine Gemeinde gelegentlich die sogenannte "zweite Leichenschau" übernimmt.
Im sozialversicherungsrechtlichen Kontext ist eine abhängige Beschäftigung dann gegeben, wenn eine Person in den Betrieb des Auftraggebers eingegliedert ist und diesem Weisungen über die Zeit, Dauer, Art und Ort der Arbeit unterliegt.
Eine selbstständige Tätigkeit zeichnet sich hingegen durch das eigene Unternehmerrisiko, die freie Verfügung über die Arbeitskraft sowie die autonome Gestaltung der Arbeitszeit und Tätigkeit aus.
Im vorliegenden Fall übernimmt die Ärztin im wöchentlichen Wechsel mit anderen Ärzten für eine Gemeinde die zweite Leichenschau, die Voraussetzung für die Freigabe zur Feuerbestattung ist. Sie muss bestätigen, dass der Tod natürlichen Ursprungs war. Die Rentenversicherung stellte zunächst fest, dass eine sozialversicherungspflichtige, abhängige Beschäftigung vorliegt. Das Sozialgericht entschied jedoch anders und wies die Klage ab. Das Landessozialgericht Baden-Württemberg bestätigte dieses Urteil in seinem Urteil vom 22. Januar 2025 (Az. L 5 BA 1266/24).
Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass es sich bei der Tätigkeit der Ärztin um einen Hoheitsakt handelt, da sie die Urkunde im eigenen Namen ausstellt und keine Beauftragung von Privatpersonen für diese Aufgabe möglich ist. Darüber hinaus handle die Ärztin hinsichtlich der Durchführung der Leichenschau völlig weisungsfrei, was für eine selbstständige Tätigkeit spricht.
Quelle: LSG Baden-Württemberg

Steuerbarkeit von Geschäftsführungsleistungen einer PraxisgemeinschaftÖffnen / Schließen

In dem vorliegenden Fall geht es um die steuerliche Behandlung einer Praxisgemeinschaft von Ärzten und deren Leistungen.
Der Streit dreht sich um die Frage, inwieweit die Klägerin, eine Praxisgemeinschaft, von der Umsatzsteuer befreit ist, insbesondere im Hinblick auf Verwaltungsleistungen, Geschäftsführungsaufgaben und Reinigungsdienste.
Sachverhalt: Die Praxisgemeinschaft der Klägerin erbrachte Leistungen wie Raumpflege, Verwaltung und Geschäftsführung. Das Finanzamt betrachtete diese Leistungen als umsatzsteuerpflichtig, da sie nicht direkt mit steuerfreien Heilbehandlungen verbunden seien. Das Finanzgericht entschied jedoch, dass diese Leistungen von der Umsatzsteuerbefreiung gemäß der europäischen MwSt-Richtlinie umfasst sind.
Das Finanzgericht führte näher aus, dass die erbrachten Geschäftsführungs- und Reinigungsleistungen sowie Verwaltungstätigkeiten steuerfrei seien, da sie im Kontext der Praxisgemeinschaft keine Wettbewerbsverzerrung verursachen. Es stellte fest, dass solche Leistungen der Gemeinschaft zur Ausübung der steuerfreien Heilbehandlungen ihrer Mitglieder dienten und somit unter die Steuerbefreiung fielen.
Der BFH stellte klar, dass die Praxisgemeinschaft als Gesellschaft steuerbare Leistungen an ihre Mitglieder erbrachte, jedoch Geschäftsführungsleistungen an die Gemeinschaft keine steuerbare Leistung an die Gesellschafter darstellten.
Die Praxisgemeinschaft erfüllte die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung gemäß Art. 132 Abs. 1 Buchst. f der MwStSystRL, da sie Leistungen an ihre Mitglieder erbrachte, die für die Ausübung von steuerfreien Heilbehandlungen erforderlich waren. Bestimmte Leistungen, wie z. B. die Geschäftsführung, wurden nicht als steuerpflichtig erachtet.
Quelle: BFH, Beschluss XI R 37/21 vom 04.09.2024

Freiberufliche Einkünfte einer Mitunternehmerschaft bei kaufmännischer Führung durch einen BerufsträgerÖffnen / Schließen

Ein Zahnarzt, der innerhalb einer Berufsträgergesellschaft (z. B. Partnerschaftsgesellschaft) fast ausschließlich organisatorische und administrative Aufgaben übernimmt - etwa in der kaufmännischen Leitung, Personalführung oder Behördenkommunikation - kann trotzdem freiberufliche Einkünfte erzielen, auch wenn seine zahnärztliche Behandlungstätigkeit nahezu vollständig entfällt.
Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 4. Februar 2025 - VIII R 4/22 - entschieden.
Kernaussagen des BFH: Entscheidend ist nicht die konkrete Behandlung, sondern ob der Berufsträger persönlich, eigenverantwortlich und mit seiner Berufsqualifikation tätig wird. Wenn alle Gesellschafter durch ihre jeweiligen Beiträge (z. B. auch durch die Organisation) am Gesamtbild der freiberuflichen Tätigkeit mitwirken, liegt keine gewerbliche Tätigkeit vor.
Das Finanzamt und das Finanzgericht sahen die Tätigkeit der gesamten Praxisgesellschaft als gewerblich an - zu Unrecht, wie der BFH klarstellt.
Die persönliche Mitwirkung muss nicht immer sichtbar nach außen erfolgen oder einen bestimmten Umfang haben.
Fazit: Auch ein Berufsträger, der überwiegend kaufmännisch-organisatorisch tätig ist, kann freiberuflich tätig sein, solange diese Aufgaben untrennbar mit dem Beruf und dem Praxisbetrieb verbunden sind. Die gewerbliche Infizierung der gesamten Gesellschaft ist in einem solchen Fall nicht gegeben.
Quelle: BFH, Urteil v. 4.2.2025, VIII R 4/22; veröffentlicht am 27.3.2025

Aktuelle Steuertermine

Aktuelle SteuertermineÖffnen / Schließen

Mai 2025:
Lohnsteuer, Umsatzsteuer (M):
12.05.2025 (15.05.2025)*
Gewerbesteuer, Grundsteuer:
15.05.2025 (19.05.2025)*

Juni 2025:
Lohnsteuer, Umsatzsteuer (M), Einkommensteuer, Körperschaftsteuer:
10.06.2025 (13.06.2025)*

Juli 2025:
Lohnsteuer, Umsatzsteuer (M, VJ, J):
10.07.2025 (14.07.2025)*

* Ende der Schonfrist bei Zahlung durch Überweisung in Klammern.

Honorar und Umsatz

Budgetlimits für Hausärzte sollen abgeschafft werdenÖffnen / Schließen

Ende Januar 2025 hat der Bundestag einen Gesetzentwurf verabschiedet, der die Abschaffung der Budgets für Hausärzte vorsieht und stattdessen Jahrespauschalen in der Honorierung einführt.
Künftig sollen alle Leistungen der allgemeinen hausärztlichen Versorgung, einschließlich Hausbesuche, bundesweit vollständig und ohne Kürzungen vergütet werden. Das bedeutet, dass die Honorare unbegrenzt steigen können, wenn mehr Patienten aufgenommen oder zusätzliche Leistungen erbracht werden.
Eine ähnliche Regelung gilt bereits seit dem 1. April 2023 für Kinder- und Jugendärzte.
Ein weiterer wichtiger Punkt der Reform betrifft Patienten mit chronischen Erkrankungen, die keinen hohen Betreuungsbedarf haben. Diese müssen nicht mehr jedes Quartal zu Abrechnungszwecken einbestellt werden.
Stattdessen können Praxen für die Behandlung dieser Patienten eine Versorgungspauschale für bis zu vier Quartale abrechnen. Dies soll unnötige Termine und Wartezeiten vermeiden und gleichzeitig Kapazitäten in den Praxen freisetzen.
Zusätzlich erhalten "Versorgerpraxen", die einen wesentlichen Beitrag zur hausärztlichen Versorgung leisten, künftig eine Vorhaltepauschale. Damit sollen bedarfsgerechte Praxisöffnungszeiten sowie Haus- und Heimbesuche besser vergütet werden.
Quelle: Bundesministerium für Gesundheit (BMG)

Gesundheitspolitik und Recht

Dynamisierte Leistungsbeträge Öffnen / Schließen

Alle Leistungsbeträge der Pflegeversicherung, auch die Leistungen bei stationärer Pflege, wurden zum 1. Januar 2025 um 4,5 % angehoben. Dadurch reduzieren sich die pflegebedingten Ausgaben, die eine pflegebedürftige Person eigenständig zu tragen hat. Die Anpassung der Leistungsbeträge hat ein Gesamtvolumen von 1,8 Mrd. EUR; die Pflegebedürftigen und Sozialhilfeträger werden entlastet.

KinderkrankentageÖffnen / Schließen

Auch 2025 gilt ein verlängerter Anspruch auf Kinderkrankengeld. Gesetzlich krankenversicherte Eltern können pro Jahr und Kind 15 Kinderkrankengeldtage beziehen. Alleinerziehende haben Anspruch auf 30 Tage. Bei mehreren Kindern erhöht sich der Anspruch pro Elternteil und pro Jahr auf 35 Arbeitstage.
Für Alleinerziehende mit mehreren Kindern steigt die Gesamtzahl auf insgesamt 70 Arbeitstage pro Jahr. Während der Coronapandemie wurden die Kinderkrankentage erhöht. Diese Regelung ist eigentlich 2023 ausgelaufen, wurde aber für 2024 und 2025 verlängert.

Amalgam für Zahnfüllungen verbotenÖffnen / Schließen

Auf Beschluss der EU darf ab Januar 2025 Dentalamalgam nicht mehr für Zahnfüllungen verwendet werden. Einzige Ausnahme: Der Zahnarzt hält die Behandlung mit Amalgam für medizinisch notwendig. Grund für den EU-Beschluss ist der Umweltschutz. Amalgamfüllungen enthalten Quecksilber. Dieses Metall ist giftig und schädigt die Umwelt. Ein direktes Gesundheitsrisiko durch die bisherigen Amalgamfüllungen gibt es nicht.

Krankenkassen tief im MinusÖffnen / Schließen

Die gesetzlichen Krankenkassen verzeichnen nach vorläufigen Ergebnissen für das Jahr 2024 ein Defizit von rund 6,2 Mrd. EUR, was eine deutliche Verschlechterung im Vergleich zum Vorjahr darstellt. Die Einnahmen von über 320,6 Mrd. EUR standen Ausgaben von etwa 326,9 Mrd. EUR gegenüber.
Der Gesundheitsfonds, in den die Beiträge der Krankenkassen fließen, weist ein Defizit von 3,7 Mrd. EUR aus. Dieses Ergebnis ist teilweise auf das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz zurückzuführen, das die Liquiditätsreserve absenkte und rund 3,1 Mrd. EUR an die Krankenkassen ausschüttete, um die Zusatzbeiträge stabil zu halten.
Die Beitragseinnahmen (ohne Zusatzbeiträge) stiegen 2024 im Vergleich zum Vorjahr um 5,6 %, vor allem aufgrund von inflationsbedingten Lohnsteigerungen, so das Bundesgesundheitsministerium.
Die Ausgaben der Krankenkassen stiegen 2024 um mehr als 8 %, was vor allem auf die Inflation und die damit verbundenen Preis- und Vergütungsanpassungen in verschiedenen Leistungsbereichen zurückzuführen ist.
Insgesamt stiegen die Leistungsausgaben und Verwaltungskosten um über 23 Mrd. EUR. Besonders stark zugenommen haben die Aufwendungen für Krankenhausbehandlungen und Pflegepersonalkosten.
Ein noch deutlicherer Anstieg erfolgte im Bereich der Arzneimittel, wo die Ausgaben um 5 Mrd. EUR, also um rund 10 %, anstiegen. Dies sei vor allem auf das Auslaufen der Anhebung des Herstellerrabattes im Jahr 2024 zurückzuführen.
Ohne Rabatte stiegen die Brutto-Aufwendungen für Arzneimittel um 4,2 Mrd. EUR (+7 %), was den stärksten Anstieg seit mehr als zehn Jahren darstellt.
Quelle: Bundesministerium für Gesundheit (BMG)

Schnellere Bewilligungsverfahren für HilfsmittelÖffnen / Schließen

Am 14. Februar 2025 hat der Bundesrat das Gesetz zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung in der Kommune verabschiedet.
Das Gesetz sieht außerdem vor, die Bewilligungsverfahren für medizinisch notwendige Hilfsmittel zu vereinfachen und zu beschleunigen. Menschen mit schweren Krankheiten oder Behinderungen sollen so schneller und unbürokratischer Zugang zu wichtigen Hilfsmitteln erhalten.

Erweiterte Notfallverhütung
In Fällen von sexuellem Missbrauch oder Vergewaltigung können zukünftig alle Frauen - und nicht nur unter 23-Jährige - Notfallverhütungsmittel vom Hausarzt oder der Hausärztin verordnet bekommen.

Inkrafttreten
Nach der Ausfertigung und Verkündung tritt das Gesetz zum überwiegenden Teil am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Quelle: Bundesrat

Praxisführung

Ungleichbehandlung bei der Terminvergabe? – Bundesregierung soll prüfenÖffnen / Schließen

Die Bundesregierung soll prüfen, ob die derzeitige Rechtslage bei der Terminvergabe in Arztpraxen zu einer Ungleichbehandlung von gesetzlich und privat Versicherten führt. Der Zugang zu schneller medizinischer Versorgung müsse allen Patienten offenstehen - unabhängig von Einkommen, Wohnort oder der Art der Krankenversicherung. Um mögliche Ungleichheiten bei der Terminvergabe zu beseitigen, sollen die bestehenden gesetzlichen Regelungen auf ihre Auswirkungen hin überprüft und gegebenenfalls angepasst werden. Dabei könnten auch neue Lösungsansätze wie Kontingente für Privatversicherte, Mindestquoten für gesetzlich Versicherte oder finanzielle Anreize für Ärzte, die überwiegend gesetzlich Versicherte behandeln, in Betracht gezogen werden.
Die Entschließung wurde nun an die Bundesregierung übermittelt, die selbst entscheiden wird, wann sie sich mit dem Thema befasst - feste Fristen sind dabei nicht vorgesehen.
Quelle: Bundesrat 21. März 2025

Höhere Vergütung bei gleicher Arbeitszeit?Öffnen / Schließen

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied, dass Teilzeitarbeitnehmer Mehrarbeitszuschläge bereits erhalten, wenn sie ihre individuelle Arbeitszeit überschreiten - und nicht erst, wenn die Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten überschritten wird.
Im konkreten Fall ging es um eine Teilzeitpflegekraft, die Mehrarbeitszuschläge erst ab der Arbeitszeit einer Vollzeitkraft erhielt, was sie als Diskriminierung empfand. Das BAG bestätigte, dass Teilzeitkräfte aufgrund dieser Regelung benachteiligt werden und dass die Mehrarbeitszuschläge entsprechend der Teilzeitquote angepasst werden müssen. Es wurde auch eine mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts festgestellt, da 90 % der Teilzeitkräfte Frauen sind. Personalverantwortliche sollten nun Vergütungsstrukturen anpassen, um Diskriminierung zu vermeiden und ungewollte Anreize für Teilzeitbeschäftigung zu verhindern.
Quelle: BAG, Urteil vom 5. Dezember 2024, Az. 8 AZR 370/20

Finanzen

Krankentagegeld - Keine Herabsetzung bei gesunkenem EinkommenÖffnen / Schließen

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 12. März 2025 entschieden, dass private Krankentagegeldversicherer keine neuen Klauseln zur Herabsetzung des Tagessatzes einführen dürfen, wenn frühere Klauseln aufgrund Unwirksamkeit entfallen sind.
Der BGH stellte klar: Eine ergänzende Vertragsauslegung ist nur bei echter Regelungslücke und unzumutbarer Härte für den Versicherer möglich. Die Krankentagegeldversicherung ist eine Summenversicherung - Abweichungen zwischen tatsächlichem Einkommen und Versicherungsleistung sind systemimmanent. Es ist zumutbar, dass die Leistung bei gesunkenem Einkommen über dem aktuellen Bedarf liegt - ebenso wie sie bei steigendem Einkommen zu niedrig ausfallen kann. Der Versicherer kann notfalls Prämien anpassen, statt den Tagessatz zu kürzen. Die Erfüllung von Nachweispflichten bleibt ihm weiterhin möglich.
Fazit: Der ursprüngliche Vertrag mit dem vereinbarten Tagessatz bleibt bestehen. Eine Herabsetzung bei gesunkenem Einkommen ist unzulässig, wenn die frühere Klausel unwirksam war. Versicherer dürfen solche Regelungen nicht einseitig durch neue ersetzen.
Quelle: BGH– IV ZR 32/24, Pressemitteilung vom 12.03.2025

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